Donnerstag, 29. August 2013

"Get on up" - das Leben von James Brown kommt 2014 in die Kinos



Make it Funky - die Lebensgeschichte von
James Brown wird 2014 im Kino zu sehen sein
Quelle: http://cdn.hiphopwired.com
It's Superbad! Seit mehr als einem Jahrzehnt ist dieser Film nun schon in Planung. Jetzt scheint endlich Bewegung ins Projekt zu kommen: das Leben von James Brown wird verfilmt. Kein Wunder, denn die Erfolgsgeschichte des "Godfather of Soul" ist fast zu schön, um wahr zu sein. Und sie enthält die nötige Dosis Drama, eine Spannungskurve mit Höhen und Tiefen inklusive des Thementrios "Sex, Drugs & Violence".

Der vielleicht wichtigste Schritt ist getan: der Hauptdarsteller für "Get on up" ist gefunden. Chadwick Boseman soll die Rolle des "Hardest Working Man in Show Business" übernehmen. Der 31-Jährige hat bereits Erfahrung darin, große Persönlichkeiten dazustellen. 

Chadwick Boseman - noch nicht ganz als
Soul Brother#1 zu erkennen...
Quelle: hollywoodreporter.com
Im Film "42" ist er aktuell in den deutschen Kinos in der Rolle des Baseballspielers Jackie Robinson zu sehen. Jetzt wird er wahrscheinlich langsam ins Gesangs- und vor allem Tanztraining einsteigen müssen - denn bis er die genialen, fast schon unnachahmlichen Tanzmoves inklusive des Moonwalk-Vorläufers beherrschen wird, wird es sicherlich etwas dauern. Es könnte natürlich auch sein, dass Boseman lediglich synchrone Lippenbewegungen hinbekommen muss und Mr. Browns Originalstimme zu hören sein wird. Bleibt nur zu hoffen, dass die Filmemacher kein Fußdouble einsetzen… Fakt ist auf jeden Fall, dass damit zwei Kandidaten aus dem Rennen sind, die jahrelang heiß gehandelt wurden: der Ex-Beverly-Hills-Cop und Quasselstrippenkönig Eddie Murphy, der James Brown vor ein paar Jahrzehnten schon mal in "Saturday Night Live" zumindest stimmlich recht überzeugend nachgemacht hat, und Blade-Star Wesley Snipes.

Regisseur Tate Taylor
Quelle: imdb.com
Regie führt Tate Taylor, der mit seinem letzten Film "The Help" (2011) bewiesen hat, dass er gefühlvolles und erfolgreiches Hollywoodkino fabrizieren kann, das auch von der Oscar-Academy mit insgesamt 4 Nominierungen gewürdigt wurde. Ersten Gerüchten zufolge wird auch Octavia Spencer, die bereits in "The Help" mit Taylor zusammengearbeitet und für ihre Rolle einen Oscar gewonnen hat, im bisher mit "Get on up" betitelten Biopic dabei sein. Als Produzenten sind Brian Grazer (A Beautiful Mind, 8 Mile) und Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger im Boot. Letzterer ist schwer geehrt: "It's a great honor to be involved with a project as rich as the story of the legendary James Brown. He was a mesmerizing performer with a fascinating life".

Der Film wird  - ähnlich wie die Biopics über Ray Charles ("Ray") und Johnny Cash ("Walk the Line") - die Lebensgeschichte von James Brown erzählen, ausgehend von seiner Kindheit, die er in extrem armen Verhältnissen verbrachte, bis hin zu seinem Aufstieg zu einem der wichtigsten Künstler der 60er und 70er Jahre. Alle Szenen - ob sie nun in Paris oder in Vietnam spielen sollen - werden in Mississippi gedreht (obwohl Brown in South Carolina geboren wurde und in Georgia aufgewachsen ist); im November beginnen die Dreharbeiten. Bis zu seinem Tod im Jahr 2006 wirkte der Soul Brother#1 übrigens selbst aktiv an den Vorbereitungen zur Verfilmung seines Lebens mit. Der Film hat durchaus Oscar-Potential, allerdings erst für die Verleihung 2015, denn der bisher anvisierte US-Starttermin wird der 17. Oktober 2014 sein.

Dienstag, 20. August 2013

Must-See Movies (1) Warum "Die Regenschirme von Cherbourg" speziell, aber auch sensationell ist


Ja, dieser Film ist speziell; er sieht aus wie eine Packung knallbunter Bonbons und jeder noch so banale Dialogsatz wird gesungen! Aber wer sich auf diese ganz besonderen 90 Minuten einlässt und wenigstens ein bisschen oder sogar hoffnungslos romantisch veranlagt ist, der wird diesen Film lieben! 

Filmplakat
Quelle: http://memoires-algeriennes.com
"Die Regenschirme von Cherbourg" ist einmalig, so viel steht fest. Und muss für das Publikum vor 50 Jahren eine Überraschung, vielleicht sogar eine kleine Revolution gewesen sein. Regisseur Jacques Demy bietet uns einen Rausch an Pastellfarben und Komponist Michel Legrand einen Rausch melancholischer Melodien - und beide verleihen damit dem Alltäglichen ungeahnte Anmut. Dieser Film ist ein Unikat, ein Mischmasch, er ist weder Musical noch Film-Oper; vielleicht trifft Francois Truffauts Behauptung noch am ehesten zu - er nannte "Die Regenschirme von Cherbourg" einen Science-Fiction-Film.

Auf der einen Seite gewann er damals die Goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes; auf der anderen Seite hagelte es Kritik: von bundesdeutschen (vermeintlichen) Niveaubewahrer-Nörglern, die in Demys radikalem Romantik-Reigen einen Ausverkauf der Nouvelle Vague sahen; und von ostdeutschen Betonköpfen, die im Kino protestierten, man solle sich solchen "Kitsch" nicht bieten lassen. 

Ich habe vollstes Verständnis für diejenigen, die sagen: "Was ist das bitte für ein schräger Film!?". Aber auch denen sei gesagt: es gibt mindesten zehn triftige Gründe, diesen Film zu lieben.

Michel Legrands grandioser Soundtrack
Quelle: http://eil.com
1. Die Musik von Michel Legrand. Der mittlerweile 81-jährige Jazzmusiker, Arrangeur, Komponist, Pianist, Songschreiber und passionierter Anekdoten-Erzähler Legrand hat oft und immer wieder mit Regisseur Jacques Demy gearbeitet. Die Filme der beiden wurden nicht, wie sonst im Kino üblich, von der Musik vollendet, sondern entstanden aus ihr. Seine Drehbücher, erinnert sich Demys ehemaliger Assistent Costa-Gavras schrieb er mit dem Metronom. Legrand hat - im Stile eines Stummfilmkomponisten - 87 Minuten Score komponiert. Jede einzelne Szene wird von seinen umwerfenden Melodien getragen. Und spätestens wenn Catherine Deneuve (auf die wir gleich noch gesondert zu sprechen kommen) alias Genevieve ihrem geliebten Guy voller Sehnsucht (obwohl er noch neben ihr sitzt) ewige Liebe verspricht, beginnt sich die Ganzkörper-Gänsehaut mit einer die Wange herunterkullernden Träne zu vermischen.

2. Die Farben. Man muss es gesehen haben, um es zu glauben. Allein die Tapeten - sagenhaft!

Man beachte: die Tapete!
Quelle: dvdklassik.com
3. Die Ausstattung. Hier stimmt alles, die Liebe zum Detail hat jeden einzelnen Gegenstand erreicht: die eben schon erwähnten Tapeten, die Kleider und Anzüge, die Frisuren, die Autos,  das gelbe Rennrad von Guy - all das ist auch 50 Jahre später noch sensationell gutaussehend. 

4. Die herzzerreißende und bitter-süße Liebesgeschichte. (Die ich im Einzelnen aber gar nicht verraten will - schaut euch den Film am Besten ohne großes inhaltliches Vorwissen an).

5. Catherine Deneuve. Sie wurde mal vom "Look"-Magazin zur schönsten Frau der Welt gewählt. Und wenn man ihre feinen Gesichtszüge, ihre großen Augen und ihren sehnsüchtigen Blick betrachtet, dann kann man das gut nachvollziehen. 20 Jahre war "die" Deneuve damals jung, dieser Film war ihr internationaler Durchbruch.


Catherine Deneuve
Quelle: http://www.8070.nl

6. Die Esso-Tankstellen-Szene. Perfekt choreographiert, genial gefilmt, Kloß-im-Hals-garantiert. (Nur gucken, wenn ihr den Rest des Films nicht sehen wollt, wär sonst schade drum).

7. Die Mischung aus überschwänglicher Freude, frischer Schmetterlinge-im-Bauch-Verliebtheit und tieftrauriger Verzweiflung und Sehnsucht. Musikalisch perfekt umgesetzt, immer glaubwürdig rübergebracht.


Was für ein Rennrad - damit kann
eigentlich nichts schiefgehen...
Quelle: dvdklassik.com
8. Der Gesang. Ja, er ist auf den ersten Blick komisch, weil ungewohnt. Aber spätestens wenn nach ein paar Film-Minuten die singenden Mechaniker sich über singende Menschen in der Oper amüsieren und deshalb lieber ins Kino gehen wollen (weil dort ja niemand singt), weiß man, dass der Film die problematische Frage "Warum singt denn hier jeder?" mit Selbstironie am besten beantwortet.

9. Das Drehbuch.  Jacques Demy hat es geschafft, ein paar wunderbar poetische Sätze in diesen Film zu schmuggeln. Einer lautet in etwa: "Das ganze Glück macht mich unglücklich." Ein anderer: "Die Sonne und der Tod reisen Hand in Hand". Kommt so allerdings nicht ganz so bewegend rüber. Klingt auf französisch und gesungen definitiv schöner.

10. Die Musik (oder hatte ich die schon?). Michel Legrand hat ein Meisterwerk geschaffen, so einfach ist das. 



Samstag, 10. August 2013

"Syl Johnson - Any Way The Wind Blows" ist finanziert - Doku über Soul-Geheimtipp


Die Doku über den Soul-Sänger Syl Johnson,
die Ende 2014 / Anfang 2015 fertig sein soll
Quelle: Okayplayer.com

Geschafft. Regisseur Robert Hatch-Miller kann seine bereits begonnene Dokumentation über Syl Johnson beenden. 40.000 Dollar waren das Minimalziel, letztlich wurden über die Kickstarter-Kampagne von insgesamt 832 Spendern 46.730 Dollar generiert (mit Hilfe einiger Ebay-Auktionen sind sogar alles in allem 47,325.75 Dollar zusammengekommen). 

"Anyway The Wind Blows", seine Dokumentation über einen der meistgesampleten und angesagtesten (wenn auch leider nur Insidern bekannten) Soulsänger aller Zeiten, dürfte also Ende nächsten Jahres (spätestens Anfang 2015) fertig sein. Run-DMC, Public Enemy, De La Soul, Boogie Down Productions, Cypress Hill, Jay-Z, Kanye West und der Wu-Tang Clan haben sich bei Syl Johnson bedient - und damit Syls Zuhause finanziert. Er selbst nennt seine Villa “The House That Wu-Tang Built.” 


Regisseur Robert Hatch-Miller
Quelle: kickstarter.com
Den aktuellen Stand der Produktion beschreiben die Filmemacher so: "The film is already taking shape. We’ve followed Syl Johnson in cinema verité style and witnessed the astounding recent developments in his career. In addition to an unprecedented level of access to Syl himself, the film will include interviews with the people close to him including his family, musical peers, and fans. We’ll also go back in time through archival footage and interviews to explain the larger cultural and political scene in America in the 60s and 70s, when Syl was at his artistic peak. He may still put on rocking live shows, but back then Syl was a force of nature!" 

Was noch fehlt sind: ein weiteres Interview mit Syl Johnson und Gespräche mit den Hip-Hop-Produzenten Prince Paul, Jazzy Jay und DJ Cool V (Produzent und DJ von Big Daddy Kane & Biz Markie). Außerdem müssen noch diverse Archive nach alten Aufnahmen durchwühlt werden, z.B. auf der Suche nach Syl's Auftritt bei "American Bandstand". 


Die beste Zeitschrift zum Thema
Black Culture: "Wax Poetics"
Quelle: waxpoetics.com
Wer schon vor der Fertigstellung des Films mehr über das aufregende Leben von Syl Johnson erfahren will, dem empfehle ich den informativen Artikel von Matt Rogers in der Wax Poetics #44 (der mit Abstand besten Zeitschrift zum Thema Black Music & Culture auf diesem Planeten) und natürlich die ultimative, allumfassende und mit einem aufschlussreichen Aufsatz angereicherte Syl Johnson Box auf Numero Group. Die New York Times schrieb zu diesem Mammut-Meisterwerk: “Complete Mythology” is exhaustive, even a bit excessive. The biggest and, at $75, most expensive product in the Numero Group’s six-year history, it has 52 pages of densely written liner notes and 81 songs recorded from 1959 to 1977." Und wenn man alle 52 Seiten gelesen und alle 81 Songs gehört hat, dann ist man wirklich bestens vorbereitet auf "Any Way The Wind Blows".

Montag, 5. August 2013

Vinyl Lovers (1): Florian Keller, Funk-Fan, DJ-Weltenbummler, Radiomacher, Plattensammler

Seit fast drei Jahrzehnten wühlt sich der Münchner Florian Keller durch Plattenkisten auf der Suche nach Funk-Fundstücken und Soulraritäten; seit fast zwei Jahrzehnten legt er neben DJ-Größen wie Gilles Peterson, Keb Darge, Kruder & Dorfmeister, Cut Chemist (von Jurassic 5) oder Questlove (von den Roots) in den angesagtesten Clubs weltweit auf - von Funk und Block Party Breaks über Boogie, Disco & Discorap bis hin zu Hip Hop und Drum'n'Bass. Der All Music Guide würdigt den umtriebigen Party-Veranstalter (Party Keller), Radiomacher und DJ mit folgenden Worten: "Like stateside contemporaries Theo Parrish, Danny Krivit, and Joe Claussell, Keller challenges his listeners, spinning curious, even cultish records from the past that are still relevant to present-day clubbers. He favors records with rhythms to die for, especially of the funk, fusion, electro, hip-hop, and post-disco varieties." 

Flo Keller: Vinyl-Sammler, DJ und Musikliebhaber
Quelle: Florian Keller
Ich freue mich sehr, dass Florian - trotz vieler anstehender Termine - die Zeit gefunden hat, mir ein paar Fragen zu sich und seiner Sammel-Leidenschaft zu beantworten:

Wann und wie bist du plattensüchtig geworden?
Eigentlich bin ich nicht plattensüchtig, sondern ich liebe Musik! Vinyl ist das Medium, mit dem ich großgeworden bin, sonst wären es wahrscheinlich CD’s, MP3 Dateien oder sonstwas geworden. Trotzdem bin ich sehr froh, dass es in meinem Fall doch Schallplatten sind, denn die Tonqualität, das Haptische und das Format des Covers samt Artwork und Rückseiten-Text (bei LP’s zumindest) machen Platten zu einer besseren Musik-Konserve als die anderen... Der einzige Bereich, bei dem ich gewisses Sucht-Verhalten an den Tag lege, ist bei James Brown: Da kaufe ich wirklich, der Vollständigkeit halber, sogar Platten, die ich im Grunde genommen gar nicht so toll finde.

Was war deine erste Platte?
Beatles, Weisses Album, mit 5 Jahren vom eigenen Taschengeld und 50% Zuschuss meiner Mama gekauft.

Wie viele Platten hast du insgesamt?
Gut 45 Meter Vinyl, das in den Regalen und Hängeaktenregistraturen steht, das sind dann so ca. 10.000 – 12.000 Stück.

Was ist deine rarste/teuerste Platte? Und welche Platte bedeutet dir am Meisten?
Die wahrscheinlich teuerste Platte bin ich schon längst los, “Ebony Rhythm Band” – “Soul Heart Transplant” hat ein Kollege, Ian Wright, mir gegen 7 andere Singles getauscht, 4 davon hatte er bereits und für die anderen hatte er 2000 englische Pfund ausgegeben. Das war in den hysterischsten Tagen der Deep Funk Sammelei, Preise kommen und gehen. Wenn ich nachsehen würde, wäre momentan bestimmt irgendeine Platte aus Ghana oder eine Sweet Soul Obskurität in meinen Schränken überraschend die teuerste, in ein paar Jahren dann wohl irgendeine Hip Hop 7” Single. Mit viel Zeit könnte ich die 50 Platten, die mir am meisten bedeuten, heraussuchen, und die wären am nächsten Tag dann schon wieder andere. Sorry, es sind so viele, die ich schliesslich ja alle schätze, sonst hätte ich sie nicht.

Deine Top 10 aus deiner Plattensammlung
Selbstverständlich gibt es Platten, die qualitativ in einer komplett anderen Dimension schweben, wie z.B. "Attica Blues" von Archie Shepp, Marvin Gayes’ "What’s Going On" oder Webster Lewis’ "1971er Live in Norwegen"-Aufnahme, aber es sind meistens die letzten, tollen Neuentdeckungen, die ich ergattern konnte und Wiederentdeckungen aus meiner Sammlung. Dauernd wechselnd und momentan:

Black Stash – Mighty Love Man (Contempo 7”)
Lo-End - Le Beat (New World Records 7”)
Colt Revolver – In The Bottle (Big Jim 7”)
Lonnie Love – Young Ladies (Profile 7”)
Bilaian Express – Philly (LK 7”)
Margie Hendricks – Jim Dandy (Sound Stage 7 7”)
Warren Thompson - You Can't Hinder Me (Blue Candle 7”)
Manny Corchado - Pow Wow (Decca 7")
Bunny Wailer – Back To School (Solomon 7”)

Beschreib doch mal deine Sammlung in 3-5 Worten
Funk, open minded, von Jazz bis D&B.

Wo hast du schon aufgelegt / wo bist du regelmäßig zu hören?
Mme Jojos, Deep Funk or WahWah in London, Ellbow Rooms in San Francisco, Doin' It in Oslo, Sochi in St. Petersburg, IBO in Dubai, Raw Fusion in Stockholm, Powderrooms in Barcelona, Beat im Nefertiti in Gothenburg or Funk Against Junk in Minsk, in Beirut, Porto, Zagreb, Osaka, Timoswara, Helsinki, Kiev, Tokyo, Ekaterinenburg, die Liste ist lang...

Welcher Club/welche Location war für dich am Beeindruckendsten?
Es gab einen total angesagten Club in Osaka, wo ausser mir bereits Dj Spinna, Jazzanova und viele andere aufgelegt hatten – in den nur ca 30 Personen passen (!), oder im Haus Der Kunst München vor ca 2000 Leuten zur Frank Stella Vernissage Jazz aufzulegen. Und viele andere Momente in den 27 Jahren, in den ich jetzt professionell auflege.
Aber in letzter Zeit hat mich einerseits die Terrasse des Hotels “The Adress Downtown Dubai” (nicht gerade nur positiv) beeindruckt, wo ich seit einigen Jahren an Sylvester auflege, denn es ist Babylonisch und dekandent, dass die Wände wackeln, weil dort die königliche Familie alljährlich die Sau rauslässt, russische Oligarchensöhnchen mit Edelnutten 40-Euro teure Vodka-Bulls reinziehen und alles eben reichlich surreal ist. Andererseits, und das ist natürlich das wirklich wichtige! beeindrucken mich Clubs mit guter Atmosphäre, guter Anlage und einem Publikum, das sich auf etwas einlassen kann und will, anstatt mit Konsumhaltung und nicht gerade positiver Grund-Laune auszugehen, um sich bespaßen zu lassen. Hierbei sind z.B. "What The Funk" im Nouveau Casino, Paris, "Stricktly Niceness" in Brüssel, "Beat!" im Nefertiti in Göteburg und das "Marula" in Barcelona: echt beeindruckend.

Wo gehst du auf Platten-Suche (Internet/bestimmte Läden/Flohmarkt etc.)?
90% ebay, 10% Plattenläden, wenn ich unterwegs bin, super ist es in Belgien und Frankreich.

Hast du eine Lieblings-Internetseite zum Thema Musik?

Was war dein skurrilstes/schrägstes Plattenerlebnis (beim Plattenkaufen/-auflegen)?
Das muss in Val Shiveley’s 45 Centre in Philadelphia gewesen sein, Ende der 90er Jahre, als ich mit meinem Kollegen & Freund Jan Weissenfeldt (Poets Of Rhythm) 8 Tage am Stück, täglich von 10:00 bis 20:00 Uhr, diesen 3 Millionen Singles schweren Laden durchackerte. Wir waren auf der Suche nach raren Indpendent-Funk 45’s, non-stop auf der Suche nach Singles mit möglichst unprofessionell gestaltetem, einfarbigen Label, denn so sehen selbst billig produzierte Funk-Juwelen meistens aus. Leider ist es genau dasselbe bei Country, Rock, Doo Wop oder Singer-Songwriter-Platten. Also haben wir pro Stunde locker 50 bis 100 Lieder, 10 Stunden am Tag, 8 Tage lang auf meinem Batteriebetriebenen Mini-Plattenspieler angehört, also wirklich viel obskure Platten in den Händen gehalten. Irgendwann dann hatte ich plötzlich eine Single von der Band “The Five Shits” in der Hand, ein grosser Lacher. Damit bin ich zu Val, dem Ladenbesitzer, um ihm zu zeigen, was er da für einen tollen Schwachsinn im Inventar hat. Der ist dann total ausgeflipt vor Glück und hat allen Mitarbeitern und Kunden im Laden die Platte gezeigt, weil er als Teenie Mitglied eben jener Five Shits war.

Mit wem würdest Du gerne mal Abendessen gehen (lebende oder bereits gestorbene Personen)

Wo kann man deine Mixe hören?

Vielen Dank für deine Zeit und die vielen Inspirationen! 

Freitag, 2. August 2013

"Twenty Feet from Stardom". Warum eine Doku über Background-Sängerinnen der beste Film des Jahres ist

Dieser Film ist besser als die "Herr der Ringe"-Trilogie. Und er lässt sogar den zweiten Teil des "Paten" hinter sich.  Legt man die Lautstärke journalistischer Jubelarien zu Grunde, dann ist "Twenty Feet from Stardom" einer der besten Filme aller Zeiten: er bekommt 99% auf dem Tomatometer, dem Bewertungsspiegel des US-Kritiker-Portals "Rotten Tomatoes". Und wenn man sich dann durch einige der knapp 70 euphorischen Lobeshymnen klickt, dann meint man die Begeisterungs-Schnappatmung der meist doch eher strengen Filmkritiker nach jedem satten Superlativ-Satz hören zu können. So ein Satz steht auch gleich zu Beginn der "Washington Post"-Rezension - und man ist als Leser sofort gefangen: "I walked out of Morgan Neville’s documentary "Twenty Feet From Stardom" on air, wanting to tell everyone I knew that they had to see that movie. Which I did."


Quelle: twentyfeetfromstardom.co
"Twenty Feet From Stardom" ist ein Film über Background-Sängerinnen. All die vergessenen, im Hintergrund singenden (oft farbigen) Frauen, die nie etwas vom Erfolgskuchen ihrer Auftraggeber abbekommen haben, die aber oftmals ganz entscheidenden Anteil daran hatten. Merry Clayton und Lisa Fischer etwa, ohne die Mick Jagger noch älter ausgesehen hätte als er das mit seinem Knautschgesicht sowieso schon tut. Und andere großartige Sängerinnen, die Stevie Wonder, Sting, Bruce Springsteen, Bette Midler, Sheryl Crow und viele andere zum Leuchten gebracht haben, während sie im Halbschatten der Konzertbühnen ihr bescheidenes, unentdecktes Dasein fristeten. Dank Morgan Neville wissen wir nun von diesen Damen, denn der Regisseur hat ihnen mit seiner Dokumentation ein interessantes, bewegendes und längst überfälliges Denkmal gesetzt (das übrigens ebenfalls seine Weltpremiere auf Robert Redfords Sundance Festival gefeiert hat).

Einer der versiertesten Soul-Kenner, der Journalist, DJ und Plattensammler Oliver Wong hat ein sehr aufschlussreiches und ausführliches Gespräch mit Morgan Neville geführt, was die Lust, diesen Film zu schauen, ungemein verstärkt. Geduld brauchen wir wohl aber noch, denn auch in diesem Fall steht leider noch kein deutscher Starttermin fest. Da "20 Feet From Stardom" aber am 28. November in den Niederlanden und am 4. Dezember in Frankreich anläuft, besteht Hoffnung, dass ein deutscher Verleih bald nachzieht.